Mittwoch, 26. November 2014

Klassenfahrten zum 'Gebrauchtwagenpreis'?

Klassenfahrten kommen nicht aus der Kostendiskussion heraus. Die Reisebudgets der Lehrer werden beschnitten oder gestrichen und Jugendherbergen klagen über Leerstände als Folge des Boykotts der Lehrerschaft. In seiner Kolumne 'Hamburger Kritiken' greift Matthias Iken einen weiteren Kostenpunkt auf - weit entfernte Reiseziele und die mit weiter Anreise verbundenen höheren Kosten.

Ob es bei Klassenfahrten tatsächlich ein 'Wettrüsten' mit immer höheren Kosten gibt, möchte ich nicht kommentieren. Die in der Kolumne angesprochene Reise nach Südafrika halte ich für einen Einzelfall, der einen nachvollziehbaren Hintergrund gehabt haben mag.

Die Annahme, die 'Qualität einer Reise wüchse mit der Entfernung' ist tatsächlich nicht stichhaltig. Gerade in Deutschland haben wir ein reichhaltiges Kulturgut, lehrreiche Geschichte und auch Regionen, in denen sportlich sehr viel möglich ist. Dazu sind wir umgeben von Nachbarn, die dem nicht nachstehen. Es ist eigentlich schade, wenn (nicht nur) junge Menschen weit gereist sind, aber das eigene Land nur aus Büchern und Filmen 'kennen'. Ich bin selbst immer wieder erstaunt, welch interessantes Angebot selbst Regionen haben, die als Reiseziel selten genannt werden. Hier wäre 'Mut zur Lücke' sehr anerkennenswert.

Manchmal wagt sich eine Lehrkraft aus der Deckung und fragt eine Idee an. (Ich möchte an dieser Stelle kein Beispiel nennen, da dies schnell als Herabwertung verstanden werden könnte). Wir greifen das gerne auf und stellen eine entsprechende Reise zusammen. Wird diese dann der Klasse und den Eltern vorgestellt, sieht der Lehrer in lange Gesichter. 'Was soll man denn da?' Bei der Wahl von Reisezielen sind wir anscheinend wenig abenteuerlustig und wenig einfallsreich. An diesem Widerstand scheitert die kostengünstige Idee dann meistens.

Einen Punkt möchte ich in der 'Hamburger Kritik' kritisieren. 'Selbst organisieren, ... das war gestern'. Das klingt natürlich gut (und billig). Wer sich alledings schon einmal gewagt hat, eine Gruppenreise zu organisieren, wird schnell feststellen, dass dies mit grossem Aufwand verbunden ist. Dazu kommt der Umgang mit der Unzufriedenheit, wenn etwas nicht den Erwartungen entspricht, von Regressansprüchen und Haftungsfragen ganz zu schweigen. Aber es gibt natürlich auch Laien, die ihr Auto selbst reparieren, um Geld zu sparen - und alle Risiken und Probleme in Kauf nehmen.




Donnerstag, 13. November 2014

'Leben ohne Papiere'

Bei Klassenfahrten und Gruppenreisen ist die Stadtführung meist ein Basiselement. Zu Recht wie wir meinen, denn eine Führung durch die fremde Umgebung gibt einen ersten Überblilck, erklärt die Hintergründe der Stadtentwicklung und kann Ausgangspunkt für tiefer gehende Betrachtungen sein.

Neben den allgemeinen Führungen sind nahezu überall auch Touren mit thematischen Schwerpunkten möglich, die spezielles Fachwissen vermitteln oder ein soziales Problem an Praxisbeispielen aufzeigen.

Zur letzteren Kategorie gehört der Stadtrundgang 'Leben ohne Papiere - Zwischen Anerkennung, Duldung und Abschiebung. Ein rassismuskritischer Stadtrundgang' der in Frankfurt angeboten wird. In einer Zeit, in der Flüchtlingsströme zunehmen und die damit einhergehenden Herausforderungen (nicht immer objektiv) öffentlich diskutiert werden richtet sich das Konzept an Schulklassen ab Klassenstufe 9 sowie an andere interessierte Gruppen.

Der Rundgang führt über mehrere Stationen im Stadtgebiet, die beispielhaft die Orte aufzeigen, die ein ankommender Flüchtling erlebt. Von Ankunft an der Hauptwache über Wohnen und Leben und Mobilität bis Asylverfahren und Abschiebehaft. In Verbindung mit jeder Station werden die Erlebnisse der Betroffenen deutlich gemacht - inklusive der Ablehnung, der sie oft begegnen. Das Projekt ist auf eine Dauer von 4 Stunden ausgelegt.

Die Rundgänge wurden vom Frankfurter Bildungskollektiv Bleiberecht entwickelt und wird von Pädagogen, Wissenschaftlern und Studierenden getragen.

Frankfurt als Ziel einer Klassenfahrt? Das ist nicht abwegig. Die hessische Finanzmetropole bietet auch noch weitere interessante Programmmöglichkeiten zur Erkundung des Finanzsystems, deutscher Geschichte, Jugend-Begegnungsstätte Anne Frank uvm.

Montag, 10. November 2014

Waterloo 1815 - 2015

Die Schlacht bei Waterloo im heutigen Belgien setzte am 18. Juni 1815 der 'Hunderttage-Herrschaft' Napoleons ein Ende. Nach seiner Rückkehr von Elba hatte der Korse in Frankreich Macht wieder erlangt und traf 15 km von Brüssel entfernt auf die englischen Truppen unter General Wellington und die preussischen Truppen unter Befehl von Feldmarschall Blücher.

Die Niederlage fand nicht nur in der deutschen Redewendung des 'persönlichen Waterloo' als Beschreibung einer vernichtenden Niederlage seinen Niederschlag. Das endgültige Scheitern des machthungrigen Napoleon beeinflusste auch massgeblich die weitere Geschichte Europas. Wie würde unsere Landkarte wohl aussehen, wenn sie anders verlaufen würde?

'Was wäre wenn' kann natürlich niemand beantworten. Das Ereignis ist jedoch ein Meilenstein der europäischen Geschichte und wird auch am Schauplatz der Schlacht entsprechend gewürdigt. Der 'Löwenhügel' (niederländisch Leeuwenheuvel, französisch Butte du Lion) wurde als Erinnerung an die kriegerische Auseinandersetzung an der vermuteten Stelle errichtet, an der der Prinz von Oranien verwundet wurde. 226 Stufen führen zu einer Plattform mit der fast 4,5 Meter hohen Statue eines Löwen.

Hintergrund, militärische Voraussetzungen und Verlauf der Schlacht wird im Wellington-Museum in Waterloo dargestellt. Die Ausstellung ist im 300 Jahre alten Gebäude der ehemaligen Poststation untergebracht. Neben Gravuren, Waffen, Dokumenten und Karten bietet eine 40minütige Audio-Guide Führung Einblick in die Geschichte.

Als Teil der europäischen Geschichte lohnt sich ein Besuch von Monument und Museum. Für Gruppen bietet das Museum auch eine 'Lecture-Tour' mit Dauer von wahlweise 1, 2 oder 3 Stunden an.

Wer die Schlacht eindrucksvoll erleben will, sollte die 200 Jahr Feier vom 18.-21. Juni 2015 besuchen. Mehr als 5000 Darsteller, 300 Pferde und 100 Geschütze lassen die Geschehnisse von damals noch einmal aufleben.

Der Besuch der Erinnerungsstätte lässt sich gut in das Programm einer Gruppenreise nach Brüssel einbauen. Am einfachsten natürlich mit dem Bus, Waterloo verfügt jedoch auch über eine Bahnstation auf der Strecke Brüssel-Charleroi.

Dienstag, 4. November 2014

Pilsen - Kulturhauptstadt Europas 2015

Was fällt uns zu Pilsen ein? Richtig, die Ähnlichkeit im Namen mit der Biersorte nach 'Pilsner' Brauart ist nicht zufällig. Mitte des 19. Jahrhunderts waren die Bürger der Stadt sehr unzufrieden mit der verfügbaren Bier-Qualität und beschlossen daher den Bau einer eigenen Brauerei. Als Braumeister verpflichteten Sie den aus Bayern stammenden Josef Groll, der seine Sache offensichtlich sehr gut machte. Die auf ihn zurückgeführte 'Pilsner Brauart' war so erfolgreich, dass die Produktion schnell erweitert werden konnte. 1898 wurde die Schutzmarke Pilsner Urquell eingetragen.

Auch wenn das Pils inzwischen weit bekannt und beliebt ist - das allein reicht natürlich nicht für die Ernennung als Kulturhauptstadt. Auch die Skoda-Fabriken haben zwar massgeblich zur Entwicklung der Stadt beigetragen, kulturell interessant sind andere Errungenschaften der Stadt.

Marionetten-Theater haben in Pilsen eine lange Tradition, die 1930 mit dem ersten professionellen Marionettentheater begann und bis heute mit dem Laien-Puppentheater V boud fortgeführt wird.

Wohl bedingt durch die Geschichte in Osteuropa und die Öffnung ab 1989 hat sich in der Stadt eine ganz eigene Kunstszene entwickelt. Eines der Epizentren ist der Jugendstilbau des alten Südbahnhofs, in dem Laientheater-Bühnen und Kulturzentrum untergebracht sind. Der Veranstaltungskalender auf der Seite Plzen2015 ist noch überschaubar, die Positionen '9 Wochen Barock' und 'Lebendige Strasse' sind jedoch vielversprechend.

Pilsen 2015 unter dem Motto 'Pilsen, open up' ist ohne Frage ein guter Anlass, die 720jährige Geschichte der viertgrößten Stadt Tschechiens zu betrachten. Das ganze läßt sich gut in eine mehrtägige Gruppenreise in die Region Böhmen einbauen. Nach Prag sind es nur 95 km und Nürnberg ist nur 200 km entfernt.